Kein Platz im Paradies
Sonntag 23.8.2020
Nach dem Besuch im Waschhaus (Achtung, wieder der Schwabe: des isch mitzahlt, also benutz mr des au) gibt es ein ausführliches Frühstück da an solchen Reisetagen das Mittagessen meist entfällt.


Vor der Abreise darf auch Pumuckl noch an die Entsorgungsstation und "Pippi machen".
Dann verlasse ich Gohren um in Kressbronn nochmal kurz zum Tanken anzuhalten. Ich schätze meinen Camper sehr und auch die moderne Technik. Aber wenn die Warnanzeige einen Kilometer nach der Tankstelle anzeigt, dass jetzt AdBlue fehlt, dann finde ich das nicht lustig.
Das bedeutet dann, an der nächsten Tankstelle in Lindau nochmal anhalten und AdBlue nachfüllen. Sowas gibts in Kanistern und man muss schätzen, ob die Menge reicht oder ob es gar zu viel ist. Das tipmoderne Fahrzeug hat keine Füllstandsanzeige für den Harnstoff. Gefüllt wird der AdBlue-Tank neben dem Dieseltankeinfüsstutzen.
Meine Freundin Uli hatte mir den Tipp gegeben, an der Uferstraße von Lindau nach Bregenz zu fahren um nicht auch noch in Österreich eine Vignette kaufen zu müssen für die paar Kilometer. Gesagt getan.
Apropos Vignette. Die montiere ich vor der Abfahrt in Bohren noch und bin ganz stolz, dass ich das sachgerecht hinbekommen habe (damit meine ich, gerade, das würde mich ansonsten immer stören).
Durch die Zeitverzögerung und dem sehr bewölkten Wetter sehe ich zu, dass ich Land gewinne. Wieder sitzt die Frage im Nacken - werde ich für die heutige Nacht einen Stellplatz bekommen? Also beeile ich mich jetzt ein wenig.
In Bregenz biege ich an einer Stelle falsch ab, das Navi war da zu ungenau oder isch habe nicht aufgepasst. Das ist nicht weiter schlimm, denn so mache ich eine kleine unfreiwillige Stadtrundfahrt in Bregenz und schaue etwas hinter die Kulissen.
In Lustenau geht es bei Zollamt über den Rhein und damit in die Schweiz. So sehr ich Respekt hatte vor der Schweiz, so froh bin ich, jetzt endlich dort zu sein und auf der (schließlich bezahlten) Autobahn gen Süden zu fahren.
Die dunkle Bewölkung klart langsam auf und es wird insgesamt heller. Die Straßen sind mal vierspurig, mal drei- oder zweispurig aber meist sehr viel schmaler als bei uns im Autobahnland. Die Angst vor der strengen eidgenössischen Polizei verliert sich wegen deren Abwesenheit so langsam und ich fahre zunehmend entspannter und genieße die Landschaft. Brücken und Tunnel wechseln sich ab.
Der längste Tunnel, den ich heute durchfahre, ist der San Bernardino mit 6,6 Kilometer, mir kommt es länger vor. Aus der Röhre wieder raus begrüßt mich ein strahlender Sonnenhimmel und die Temperatur steigt über 30°C.
Da ich gebirgsstraßenmäßig ungeübt bin, kommt mir die Abfahrt vom San Bernardino atemberaubend vor. Im Tal angekommen geht wird es immer italienischer aber dank Navi (zeitweise parallel das im Fahrzeug und das im Iphone) finde ich mich gut zurecht und habe zumindest immer eine Ahnung wo ich gerade bin.
Mein Tagesziel ist Ascona bzw. ein Stellplatz in der Nähe. Vom Lago Maggiore sehe ich nur wenige Sekunden vor einer Tunneleinfahrt etwas, denn nach dem Tunnel geht es durch Locarno in ein Tal hinein.
Das Navi sollte mich an den WoMo-Stellplatz führen, stattdessen lande ich in einem sehr vornehmen Wohngebiet, zum Glück mit Wendeschleife am Ende der Sackgasse. Ich frage eine Anwohnerin, die mir erklärt, dass der Stellplatz an einer Tankstelle und wirklich nicht schön sei. Besser wäre Piccolo Paradieso, ein kleiner Campingplatz in der Nähe. Also auf und dort hin. Der ist leicht zu finden und tatsächlich klein. "Haben Sie reserviert?" ist die Frage? Nein! "Tut mir leid, wir sind belegt". Welche Alternativen habe ich, frage ich? "Es gibt einen größeren Campingplatz drei Kilometer weiter ins Tal."
Auch der ist leicht zu finden und nach längerem Anstehen und dem guten Willen der Rezeptionistin die erlösende Aussage "Ich habe einen Stellplatz für Sie". Der Platz ist nur vielleicht ein Zehntel so groß wie der in Gohren, dafür habe ich eine ganze Parzelle für mich. Die Nachbarn, alle auch DE begrüßen mich nett.
Nach einer Ruhepause überlege ich, was man denn mit dem frühen Abend noch anfangen könnte außer Essen. Ich wollte doch den Lago sehen. Also aufs Rad gesetzt und - Moment, da gehts 7 Kilometer bergab, die muss ich nachher wieder rauf. Geht das? Ja, das muss gehen, etwas Risiko muss sein. Der Akku ist fast voll, wo ist also das Problem.
Die Entscheidung war richtig. Ich erlebe einen sagenhaft tollen Fahrradweg, komme durch typisch italienische Bergdörfer, über Fahrradbrücken, durch vornehme Wohngegenden, vorbei an einem privaten Golfplatz und lande schließlich am Lago. Ein tolles Erlebnis.
Nach kurzem Verweilen und einem Blick auf das Navi wegen dem Rückweg nehme ich einen etwas anderen Weg als runter und bin sehr erstaunt über mich selbst und auch etwas stolz, dass ich für die Rückfahrt noch nicht einmal die Turbostufe brauche und alles sehr gut bewältige.
Der Blick ins Tal lässt mich nochmal für einige Augenblicke inne halten.
Ein Telefonat mit Meggi klärt, dass die gerade bei Zürich im Stau stehen - wir werden uns morgen am Luganer See viel zu erzählen haben.