Planlos glücklich
Obwohl es wegen der Bilder spät war gestern, wache ich heute gut gelaunt auf und bin gegen 9:30 mit dem Frühstück fertig.
Als Ziel für heute hatte ich mir ja die Insel Burano vorgenommen, aber nach so einem richtigen Tagesplan klingt das nicht.
Ich muss zugeben, dass mir das Planen in diesem Urlaub schwer fällt. Aber warum auch nicht. Die Ausleiher der Reiseführer (es waren am Ende einige) mögen mir verzeihen, ich fand einfach nicht so recht die Zeit und den Zugang dazu, die vorher oder auf der Fahrt zu studieren. Vermutlich lag das daran, dass ich ausspannen und die Stadt auf meine Art erleben wollte und kein Programm abarbeiten. Im Rückblick muss ich sagen, war das zwar gewöhnungsbedürftig für mich, weil ich eigentlich ein Planungstyp bin, aber so gebe ich dem Zufall mehr Raum und erlebe spontan, nicht geplant. Das war für mich in diesen Tagen genau richtig.
Für heute war eigentlich Sonne angesagt (vom Wetterplan!). Die lässt aber am Vormittag auf sich warten.
Also breche ich nach dem Frühstück erst einmal auf, um ein paar Mitbringsel einzukaufen. Ich will in die Einkaufsstraße durch ich gestern auf dem Weg nach Fundamente Nova kam.
Ich weiß nur die ungefähre Richtung und gehe los. Dann bewahrheitet sich, was ich in einem Reiseführer schon gelesen hatte. Trotz eigentlich recht guter Beschilderung komme ich immer wieder an Stellen raus, an denen ich Minuten vorher schon mal war. Auch die Kartenapp hilft nicht viel. Da entdecke ich in den Gassen einige Hauswände, an denen der Putz abfällt und dadurch die Mauersteinwand freigelegt ist. Andere Wände sind erst gar nicht verputzt. Ich beginne, Fotos von den Mauersteinwänden zu machen, finde Spaß daran und mir fällt auf, dass keine Wand der anderen gleicht. Eine Weile versinke ich in de Freude an verschiedenen Mauersteinalten und knipse und knipse und ...
Heute wird ja die Fotografie nicht mehr durch die Zahl 36 begrenzt (die älteren wissen, was ich meine). Also muss mich die Vernunft zum Innehalten bewegen und ich suche wieder die Ladenstraße, die ich aber nicht finde.
Also gehts zurück in meinen Stadtteil San Marco, in dem ich mich schon besser auskenne. Die typischen Souveniers gefallen mir nicht, da entdecke ich einen Laden mit Trüffelprodukten. Das gefällt mir und der Einkauf ist perfekt.
Jetzt kurz ins Hotel, etwas ausspannen und dann wieder los nach Burano bzw. an den Fähranleger. Der liegt direkt beim Bahnhof. Also gehe ich im Sauseschritt einmal quer durch Venedig und über beide Brücken, die über den Canale Grande führen. Ansonsten gibt es da nur Fähren oder halt die Vaporetti.
Ich finde Spaß am Vaporetto fahren und nehme ab Ferrovia die Linie 7 nach Murano Faro und steige dort um in die 12 nach Burano. Das zieht sich hin, denn Schiffe sind halt langsamer als Busse oder Bahnen. Aber ich habe ja Urlaub. Das System an den Vavoretto-Haltestellen ist genial. Einer der Zwei-Mann-(oder Frau) Besatzung öffnet nach dem Anlegen das Schiebetor, dann steigen meist einige aus. In einem Häuschen warten die nächsten Fahrgäste, sind durch eine einfache Kette aber noch getrennt. Das Besatzungsmitglied öffnet die Kette und alle strömen aufs Boot. Ich staune, wie viele Menschen auf so ein Boot passen. Wer Platzangst hat, muss unbedingt Wassertaxi fahren.
Von meiner ursprünglichen Überlegung, auch noch Lido zu besuchen, muss ich mich verabschieden. Soviel zum Thema Planung.
Murano leuchtet schon von weitem mit bunten Häusern, für die die Insel bekannt ist. Die besondere Handwerkskunst auf dieser Insel ist allerdings nicht das Farben mischen sondern die Stickerei.
Ja, die Häuser sind bunt und es sind eindeutig zu viele Touristen auf der Insel. Ich frage mich, wie die rund 5000 Bewohner das Tag für Tag aushalten.
Als wir uns der Insel nähern, sehe ich ein paar Kirchtürme und fotografiere die (selbstverständlich). Bei einem Turm wiederhole ich das Foto und setze den Horizont in die Waagerechte. Seltsamerweise ist der Kirchturm immer noch schief. Auf der Insel angekommen, gehe ich der Sache nach. Ich finde eine Malerin aus Österreich, die ebenfalls hier Urlaub macht, die malt den Kirchturm schief. Also habe ich mich nicht getäuscht. Als ich dann davor stehe, wird das Ausmaß klar. Nebenbei bemerkt: Hätte ich das vorab alles gelesen, wäre es nicht halb so spannend gewesen.
Die Rückfahrt führt direkt nach Fundamente Nova, wo ich vormittags nach der Ladenstraße gesucht hatte. Da meine Füße NEIN sagen, suche ich nach einem Vaporetto nach San Marco. Ohne genauer hin zu schauen steige ich ein. Erst unterwegs wird mir klar, dass diese Strecke ein mal um Cap Horn führt, also außen herum. Hab ja Urlaub. Das Boot ist aber so voll, dass ich nur an Deck einen Stehplatz bekomme, an dem es in der Abenddämmerung ziemlich kühl und zugig ist. Ausstieg bei San Marco Zacharias, Haltestelle kenne ich bereits. Also nur ein paar Minuten Fussweg ins Hotel. Der Drang zu fotografieren war aber stärker und so versuche ich, noch ein Bild von oben (Kamera auf dem Selfiestab) am Markusplatz zu machen um das abendliche Treiben festzuhalten. Da höre ich Musik. Vor einer Edel-Eisdiele steht ein Flügel und spielt eine Musikgruppe, über die sich die Kamera und der Kameramann freuen, denn daraus werden wieder ein paar herrliche Bilder.
Auf dem Weg ins Hotel traue ich meinen Augen nicht. Da schiebt sich ein Hotelschiff von unglaublichem Ausmaß an dem Dogenpalast vorbei, ohne mir vorher Bescheid zu geben. Das Schiff ist zwar langsam, ich bin aber nicht schnell genug um die Kamera herauszuholen und richtig einzustellen. So sieht die Kamera nur noch das Heck, trotzdem beeindruckend.
Erkenntnis des Tages: Zumindest in Venedig dreht man die Spaghetti nicht auf einem Löffel sondern auf dem Teller, das geht wunderbar und schmeckt. In der Trattoria San Zulian gönne ich mir zum Tagesabschluss mein Geburtstagsmenü. Die Spaghetti waren nur die Vorspeise.
Heute kommen die Bilder auch als Block am Schluss, allerdings kommentiert.
des Kreuzfahrtschiffschornsteins interpretierbar.