Beobachtungen in "Zeiten von Corona"
Es ist schon interessant, wie sich so ein Sprachgebrauch langsam einschleicht und dann festigt. Der Virus scheint bereits jetzt, wenige Monate seit dem ersten Auftreten, schon so prominent zu sein, dass eine Zeit nach ihm benannt wird. Vor Jahren haben wir vom "Informationszeitalter" und später von der "Digitalisierung" gesprochen. Ich mache zwar keine Strichliste, würde aber behaupten, dass im Vergleich die "Zeiten von Corona" jetzt schon das Rennen machen.
Ähnlich ist es mit der Gruß- bzw. Verabschiedungsformel "bleib gesund". Das hat sich mindestens so schnell verbreitet wie das Virus selbst.
Leider macht sich aber auch Kriegsrhetorik breit. Die "Ausgangssperre" ist da noch der harmlosere Begriff. Ich selbst habe mich dabei ertappt und mich sagen hören "die Einschläge kommen näher". Ist das Gefühl, dass wir gegen das Virus eigentlich Krieg führen, schon so stark ausgeprägt? In diesem Punkt zeigt sich, dass unsere Kanzlerin entweder sehr gute Beratung hat oder selbst ganz bewusst auf diese Kriegsnahen Begriffe verzichtet, sie ist in diesem Punkt jedenfalls auffallend zurückhaltend.
Neben dem Sprachgebrauch beobachte ich eine Veränderung im Umgang miteinander, wenn man Menschen auf der Straße begegnet. Ich erlebe beim Spaziergang oder auch heute beim Radeln sehr viel mehr freundliche Gesichter, Kopfnicken wenn man (mit Abstand) aneinander vorbeikommt. Auch bei mir erlebe ich eine größere Solidarität mit den Menschen, die mir ja größtenteils zufällig begegnen und ich so gut wie niemanden davon kenne.
Wir haben ein gemeinsames Problem. Vermutlich ist das der Grund für manche Veränderungen im Miteinander.

Der Humor hat Hochkonjunktur. Zwei Whatsapp-Gruppen mit verschiedenen Kollegen waren eigentlich gedacht, um sich mal privat zu verabreden. Derzeit werden da fast zu 100% humorvolle Beiträge geteilt, viele davon beschäftigen sich mit dem Homeoffice. Bei den meisten kann ich herzhaft lachen, bei einigen wenigen …, na ja so ist es halt.
Die Kreativität kennt derzeit kaum Grenzen. Das zeigt sich einerseits im Humor, noch viel mehr aber in Hilfsangeboten. Das gemeinsame Problem schafft offenbar ein ganz neues Solidaritätsbewusstsein. Das beschränkt sich nicht nur auf den privaten Bereich, aus dem ja in den Medien vielfach berichtet wird. In meiner Firma laufen beim Assistenten des Vorstands die Drähte heiß wegen Anfragen und Angeboten in Sachen medizinische Geräte. Ich bin sehr glücklich, dass ich am Freitag zehn gedruckte Teile aus unserer Prototypabteilung für meine Schildmasken abholen konnte. Somit bin ich in der Lage, kurzfristig eine große Hausarztpraxis in Wernau mit 15 Schildmasken auszustatten.
Meine Produktion läuft seit einer Woche sehr gut und mein Herz hüpft bei jeder Schildmaske, die ich ausliefern kann.
Die neueste Information ist, dass in Halle 9 der Messe Stuttgart ein Notkrankenhaus eingerichtet wird. Verschiedene Unternehmen der Region beteiligen sich an dieser Aktion.