PRUSA
Während die Menschheit um mich herum so langsam auszusterben droht und viele Menschen fieberhaft versuchen, das Gesundheitssystem am Leben zu erhalten, sitze ich in meinem warmen Nest mit ausreichend Lebensmittel und Klopapier und kann mich eigentlich nur um mich kümmern. Mit ein paar mehr Telefonaten versuche ich, Kontakte zu pflegen und hoffe, damit wenigstens ein wenig zur Bewältigung der außergewöhnlichen Lage beizutragen.
Diese Machtlosigkeit macht mir im Laufe der vergangenen Woche immer wieder zu schaffen. Bis mir heute am Sonntag im Laufe des Vormittags ein befreundeter Kollege eine Whatsapp mit einem interessanten Hinweis schickt. Dringend benötigte "FaceShields" für medizinisches und pflegerisches Personal können relativ einfach mit einem 3D-Drucker hergestellt werden.
Wie berichtet hatte ich mir im Herbst einen Bausatz eines solchen Druckers gekauft und im Winterurlaub zusammengebaut. Wieder Zuhause mache ich erste Druckversuche und konstruiere und drucke dann viele Teile insbesondere für den neuen Camper (dazu vielleicht später mal mehr).

Sollte ich mit meinem PRUSA (Josef Prusa ist der Inhaber des tschechischen 3D-Drucker Herstellers) jetzt also in der Lage sein, aktiv mitzuhelfen? Ich will es versuchen und drucke sofort die ersten Teile, die ich nicht selbst konstruieren muss weil die Dateien mit den Modellen zur freien Verfügung gestellt wurden. Der Druck dauert ca. 4 Stunden.

Danach bastele ich den Prototypen zusammen. Als Visier nehme ich eine Laminierfolie und lass diese ohne Einlage durch den Laminierer. Ist nicht optimal, aber für den Test gehts.

Morgen will ich mich um Folien kümmern, mit denen man das Visier bauen kann. Vielleicht bekomme ich sowas im Baumarkt. Die Fixierung hinter dem Kopf mache ich mit einem einfachen Hosengummi, den ich noch besorgen muss.
Am Nachmittag schreibe ich meinen Schwestern und einigen Freunden, die im Gesundheitssystem arbeiten, ob Bedarf an solchen Schutzschilden besteht.
Ob das jetzt nur hilfloser Aktionismus wird oder wirklich hilft, die Lage zu verbessern, weiß ich nicht. Mir gibt das jedenfalls das Gefühl, mich mit meinen bescheidenen Mitteln einbringen zu können.
Ach ja, dann war auch um 18:00 Uhr die Ode an die Freude angesetzt. Alle Musiker Deutschlands sollten da mitmachen. Ich war schon froh, dass in der Nachbarschaft ein Trompeter den Ton angegeben hat und ich mich im Einfinger Suchsystem da dran hängen konnte. Dabei sein ist alles.
