Insel-Hopping
Eigentlich ist es nur ein Reisetag, der nichts anderes macht als Kilometer zu fressen. Wenn ich aber genau hinschaue, dann gibt es doch wieder einige Erlebnisse, die ich "bloggen" möchte. (ich staune: "bloggen" ist tatsächlich ein deutsches Wort, ein schwaches Verb, das seit 2006 im Rechtschreibduden steht)
Mit Hilfe des Weckers stehe ich heute etwas früher auf als sonst die Tage, packe Bettwäsche und die restlichen Sachen zusammen und schließe den Aufenthalt mit einer Mail an den Vermieter ab, in dem ich die Zählerstände bei An- und Abreise mitteile. Nach meiner Berechnung müsste ich von der Kaution etwas zurück bekommen. Gespannt bin ich auf die Rückmeldung zur Endreinigung bzw. hoffe, dass es dazu eben keine Rückmeldung oder Rechnung gibt. Das erinnert mich an einen Ferienhausaufenthalt Mitte der 90er Jahre am Ringköbingfjord. Da konnte man nicht einfach früh abreisen. Die Besitzerin des Ferienhauses kam am Abreisetag höchstpersönlich ins Haus und hat die Endreinigung genauestens und sehr kritisch inspiziert. Bei der haben wir danach nicht mehr gebucht.
Auf den ersten Kilometern vertreibe ich mir die Zeit, mit der aufgehenden Sonne Verstecken zu spielen. Dänemark ist zwar flach, aber dennoch gibt es leichte Erhebungen. Die Sonne blinzelt mal hier mal da hervor, verschwindet wieder hinter Bäumen oder Erhebungen, später zwischen den Wolken, es ist ein schönes Schauspiel und bald komme ich an der ersten Brücke zur nächsten Insel an.
Wer das genauer mitverfolgen möchte: Diese erste Brücke führt auf die Insel Farø. Allerdings ist man auf der E47 nach 500 m Fahrt auf Farø bereits auf der nächsten Brücke die einen auf die Insel Seeland bringt. Nach rund einer Stunde Fahrt in Richtung Norden lande ich in dem Ort Halsskov. Aus zwei Gründen halte ich an. Einerseits will ich die Brücke über den Großen Belt (Beitragsbild) in voller Schönheit sehen bevor ich drüber fahre und andererseits habe ich ein menschliches Bedürfnis. Ich finde einen Ort, der für beides eine Lösung verspricht. Der Blick zur Brücke war offen, das WC leider nicht. Also gehts weiter zunächst zur Zahlstelle. Bei dem Eintrittsgeld muss die Brücke sehr teuer gewesen sein. Aber über die drittlängste Hängebrücke der Welt (längste in Europa) zu fahren, kann man sich schon etwas kosten lassen.
Das Hopping geht weiter. Jetzt bin ich auf der Insel Fyn. Aus bekannten Gründen mache ich nach 18 km Brücke gleich wieder Pause, finde die Entsorgungsstation und auch was zu Essen, es ist kurz vor Mittag. Die Durchquerung dieser Insel dauert dann eine "kleine Stunde" (so hat das vor vielen Jahren mal der dänische Servicemitarbeiter bei der Poolreinigung in gebrochenem Deutsch gesagt, als wir fragten, wie lange das wohl dauert). Von Middelfahrt aus führt die letzte Seebrücke aufs Festland, also Jütland.
Vorbei an Kolding ist bald auch die Landesgrenze erreicht. Mit zunehmender Tageszeit wird das Wetter schlechter und es gibt nicht mehr so viel zu sehen außer die begleitenden Autos. Längst habe ich mir den nächsten Krimi ins CD-Fach geschoben, dieses Mal "Küstennebel" mit zwei Toten auf Sylt und der Fallaufklärung irgendwo in Italien.
Kurz nach der Grenze mache ich Tankhalt am Autohof Wikingerland, an dem wir in den vielen Jahren Dänemark-Urlaub oft Rast gemacht haben, teilweise auch über Nacht im Wohnwagen zwischen den LKWs. Nach der Durchfahrt durch den Hamburger Elbtunnel wird es langsam dunkel. Die Fahrt bei Dunkelheit und Regen ist anstrengend, trotz Küstenkrimi.
Ich bin wirklich froh über die Entscheidung, in Göttingen zu übernachten und zähle am Schluss fast jeden Kilometer. Gefühlt durchquere ich Göttingen und alle umliegenden Dörfer bis schließlich weit außerhalb das Navi den ersehnten Satz sagt. Ich sehe aber nur ein blau angestrahltes Gebäude und ein Schild mit der Aufschrift Spielhalle und Casino und fahre erschrocken weiter. Navi sagt aber "Sie hatten ihr Ziel erreicht, wenn möglich bitte wenden". Oh weh. Mit mulmigem Gefühl klingle ich an der verschlossenen Türe. Eine sehr freundliche Dame mit Balkan-Akzent und einer etwas eigenartigen Augenbemahlung öffnet und fragt, ob ich es gut gefunden hätte, erzähle ihr aber nicht die ganze Wahrheit. Ich erhalte die Zimmerschlüssel und die Einweisung in die verschiedenen Eingangstüren und besichtige mein Zimmer unter dem Dach. Der Preis von 43 € ist absolut angemessen und für die Durchreise perfekt. Was dann passiert, hat mir allerdings die Sprache verschlagen. Auf dem Weg zum Auto ruft mich die freundliche Dame mich nochmal an die Rezeption, wo eine Frau als weiterer angekommener Gast steht. Ich sehe, dass die Schminke aus dem Gesicht entfernt ist und die freundliche Dame fragt mich etwas entsetzt, ob ich das vorhin nicht gesehen hätte. Offenbar war sie nur total verschmiert und hatte das nicht gemerkt. Die später ankommende Frau hatte sie wohl darauf angesprochen. Mir wurde der Vorwurf gemacht "Warum haben Sie nichts gesagt!!". Ich stammle was von Gentleman und was ich denn hätte sagen sollen, bin aber ansonsten sprachlos und kann mich nur dreimal entschuldigen. Etwas später klären wir die Sache nochmal ganz in Ruhe. Ich war bei Ankunft einfach nur froh, dass das doch ein Hotel und kein Wasweißich war.

Vorteil des Zimmers - ich kann das Auto auf dem beleuchteten Parkplatz sehen. Frühstück erhalte ich exklusiv um 7:30 Uhr. Jetzt freue ich mich auf ein gemütliches und fußwarmes Bett.