Gut gewerkelt

Als ich gestern ankündigte, dass ich heute Werkeln will, ahnte ich noch nicht, welche Herausforderung diesbezüglich heute noch auf mich zukommen sollte. Dazu später mehr.Nach dem Frühstück und der stillen Zeit, die mir immer wichtiger wird, machte ich mich an das geplante Werkeln. Ich verstehe darunter im Urlaub den Einsatz von Werkzeug, Holz, Schrauben und Kabelbindern um irgendwas früher am Wohnwagen oder Zelt und heute am Wohnmobil zu optimieren. In der Garage hatte ich zwar schon diverse Ösen und Haken gesetzt, aber im Praxisbetrieb hat sich eben Optimierungsbedarf herausgestellt und dem wollte ich eben heute in aller Ruhe nachkommen, was ich auch genüsslich tat. Als das dann fertig war, nahm ich mir eine Sammel-Dose mit Schrauben und den Schraubensortierkasten und sortierte die Schrauben dort ein. Ich sehe vor meinem geistigen Auge das eine oder andere Kopfschütteln, aber mir macht das Spaß und ich kann dabei trefflich entspannen und - es ist nützlich, denn wenn ich bei den Optimierungsarbeiten schnell die richtigen Teile finde, macht das Optimieren noch mehr Spaß.Den Abspanngurt für die Markise habe ich auch noch in Betrieb genommen, so hatte ich fürs Werkeln auch noch ausreichend Schatten. Den nutzte ich dann auch, um mich nach der Arbeit etwas auszuruhen.Das Frühstück heute war wieder sehr reichhaltig, daher gab es am frühen Nachmittag nur ein Brötchen mit Nordseekrabbensalat. Wie ich gerade dabei war, die Zutaten aus der Notlösung zu holen, regnete ein bisschen Asche durch das offene Dachfenster und landete auf einer Paprika. Ich ging raus um zu schauen, ob sich da jemand sein Mittagessen über offenem Feuer zubereitet, das war nicht der Fall, statt dessen sah ich eine dunkle Rauchwolke aus dem naheliegenden Waldstück aufsteigen, das sah nicht gut aus und schnell waren wir in leichtem Rauch eingehüllt. Die neue Nachbarin vom Niederrhein kam auch raus und wir unterhielten uns ein wenig. Eine andere Nachbarin mit dem Kennzeichen OP (das steht für "Rhein-Wupperkreis in Opladen, Rheinisch-Bergischer Kreis", kein Witz) meinte, die Feuerwehr sei schon alarmiert. Die hörten wir dann auch mit Sirenengeheul heranfahren, das beruhigte. Eine andere meinte, ob wir vielleicht vorsorglich abreisen sollten weil es ja schon so lange nicht mehr geregnet hatte und sich dadurch ein Waldbrand schnell ausbreiten kann. Auch überlegten wir, wie viel Feuerwehr die wohl auf der Insel haben. Aber kurze Zeit später stieg weißer Rauch auf und da meines Wissens gerade kein Papst gewählt werden sollte, konnte das nur heißen, dass der Brand gelöscht ist. Das ging ja nochmal gut. Später, als die Feuerwehr längst abgezogen war, schaute ich dann doch mal nach, was da wohl gebrannt hat. Es war kein Ferienhaus - zum Glück - sondern ein kleines Stück Wald direkt neben einem Haus, das ein Ferienhaus sein könnte.Jetzt war es an der Zeit, zuerst den Camper-Dreikampf (Abwasser, Frischwasser, Clo) durchzuführen und dann wieder zum Strand zu fahren und etwas zu segeln. Der Wind war den ganzen Tag mal so mal so, aber ein Versuch war es wert. Tatsächlich war der Wind etwas verhalten, schwächer als die ganzen Tage, das machte die Sache aber eher interessanter. Es muss allerdings schon so viel Wind sein, dass sich das Fahrzeug überhaupt bewegt. Dann aber gilt es, die richtige Stellung des Segels zu finden, damit einem der schwache Wind möglichst viel Vortriebskraft spendet. An manchen Stellen auf der 6 qkm-Fläche war dann doch so viel Wind, dass ich annähernd die Geschwindigkeit wie in den letzten Tagen erreichen konnte. Aber leider nur kurz. Ich hatte ja gestern die Halse geübt, die konnte ich jetzt gut gebrauchen, denn dadurch gewann ich beim Wenden bzw. Halsen etwas Schwung, gefährlich war das Halsen heute ganz sicher nicht. Manchmal half auch Pumpen. Ob es das in der Seglersprache gibt, weiß ich nicht, ich nenne es so wenn ich das Segel in kurzen Stößen mehrfach heranziehe und wieder loslasse. Manchmal kommt man dadurch auch etwas auf Geschwindigkeit. Als ich mal mitten auf der riesigen Fläche mangels Vortrieb zum Stehen kam, fuhr ein anderer Strandsegler mit einem drei Mal so großen selbstgebauten Zweisitzersegler heran, hielt an und wir quatschten ein wenig, bis wieder ein leichter Wind aufkam und wir unsere Bahnen zogen. Einmal konnte ich beim Fahren meine eigenen Spur erkennen weil ich untypischerweise vorne ein schmales Rad und hinten zwei breitete Reifen am Segler habe. Ist schon interessant, seiner eigenen Spur zu folgen.Mit der Zeit nahm der Wind weiter ab und so musste ich die letzten hundert Meter zum Auto den Segler ziehen. Noch ein kleiner Plausch mit einem anderen Landsegler, der mir ein paar Tipps noch mit auf den Weg gab. Als erfahrner Landsegler bestätigte er, dass dieser Strand auf Römö in ganz Europa der beste "Hotspot" für das Landsegeln (oder Strandsegeln) ist.Nachdem alles wieder verstaut war und ich mich gedanklich auf die Rampe (Übergang vom Strand zur Straße) konzentrierte, vor der der Sand immer lockerer wurde (wie schon berichtet muss man da mit viel Schwung durch um nicht stecken zu bleiben, was bei meinem tonnenschweren Fahrzeug mehr als ungeschickt wäre), also ich konzentrierte mich auf die Rampe und den richtigen Bogen, da flog mir plötzlich der Schaltknauf meines 16 Jahre alten Fiat Ducato (das ist das Basisfahrzeug) entgegen. Erschrocken hielt ich an und musste mich erstmal sammeln. Wer rechnet denn mit sowas. Schnell war klar, das war ein sgn. Dauerbruch. Wenn ein an sich stabiles Bauteil (hier ein Kunststoffteil) permanent dynamisch belastet wird, dann kann es schon mal zu einem solchen Bruch kommen. Provisorisch konnte ich den Schaltknauf wieder reinstecken, die eingebaute Feder, die mir das Ding entgegengeschleudert hatte, drückte es aber immer wieder raus, so dass ich den Kauf bei der kurzen Fahrt zum Stellplatz eben festhalten und einhändig lenken musste. Jetzt was tun? Eine Reparatur in einer Werkstatt würde meinen ganzen Fahrplan durcheinanderbringen, ich hatte heute in der Mittagspause eine Eintrittskarte für das Miniaturwunderland in Hamburg für Dienstag Abend online gekauft. Also selbst reparieren. Klebstoff wäre eine einfache Lösung, den hatte ich auch mit. Zuvor wollte ich aber erstmal was essen. Da der Wind nicht mehr so stark war und ich Reste an Grillfleisch und Würsten sowie jede Menge Gemüse hatte, versuchte ich es nochmal mit dem Gasgrill und siehe da, es hat funktioniert und ich hatte ein köstliches Abendessen.Dann versuchte ich die Klebelösung. Dummerweise nahm das Kunststoffteil den Klebstoff nicht an, es gibt leider solche Werkstoffpaarungen und Sekundenkleber hatte ich dieses Mal vergessen. Also Plan B, den hatte ich mir natürlich auch längst überlegt und ich suchte jetzt nach den geeigneten Werkzeugen wie Bohrmaschine, Gewindeschneider für M4-Gewinde, ein passender Bohrer für das Kernloch, ein Bohrer 5 mm, eine Gewindestange M4 und eine selbsthemmende Mutter M4. Alles gefunden und dann gings los. Zuerst bohrte ich in die aus dem Motorraum in den Fahrgastraum hereinragende Schaltstange stirnseitig ein Loch mit 3,3 mm um danach dort ein M4-Gewinde hineinzuschneiden. Dann musste ich den Schaltknauf genau an der passenden Stelle durchbohren um später die Gewindestange durchstecken zu können. Das gelang bestens. Nun die Gewindestange noch auf das rechte Maß gekürzt, das wurde mit einer Metallsäge bewältigt. Eine Feile half, die Sägestelle so zu bearbeiten dass eine Mutter eingeschraubt werden kann. Das ganze zusammengeschraubt, fertig. Mist, die Feder vergessen, alles nochmal raus, wieder zusammengeschraubt, wirklich fertig.Nun ziert den Schaltknauf eine M4er Mutter und zwei Unterlegscheiben aber der Schaltknauf kann wieder seine vorgesehene Funktion erfüllen und den Fahrer stört das kleine zusätzliche Teil in keiner Weise, TÜV-relevant ist das auch nicht. Mich wird diese Mutter auf dem Schaltknauf nun immer an dieses Ereignis und die Werkel-Reparatur auf Römö erinnern und eines ist sicher, dieser Schaltknauf geht nicht mehr von selbst runter.Ich habe das so ausführlich erzählt um damit ein wenig den Beweis zu führen, dass es durchaus Sinn machen kann, ein gewisses Maß an Werkzeug und Material in einem 16 Jahre alten Wohnmobil mit über 180000 km mit zu führen. Natürlich muss beim Wohnmobilist auch ein Hang zum Werkeln und das erforderliche Geschickt und Können vorhanden sein, was ich ohne rot zu werden von mir behaupten kann.Das war jetzt genug Angeberei. Der Bericht ist nun fertig, jetzt wird er in den Blog gestellt, Bilder hinzugefügt und dann ist Feierabend. Ich freue mich auf die Fahrt morgen nach Hamburg und bin gespannt, welche Abenteuer dann auf mich warten.

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Über Hamburg nach Italien

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Nach Deutschland zum Fischbrötchen kaufen