Verlängerung
Nein, ich komme nicht später als geplant aus dem Urlaub zurück. Ich musste heute morgen nach dem Duschen erst einmal den Aufenthalt hier verlängern, der Automat hatte bei der Anmeldung angenommen, dass ich nur eine Nacht bleiben möchte. So verlängere ich eben immer weiter bis das Wetter schlechter wird oder ich Heimweh bekomme.Nach dem Frühstück war ich etwas träge und hatte keinen rechten Plan. Heike hätte jetzt gefragt: "Hast nix zu tun?" Denn sie wusste, dass ich immer was zum Werkeln brauche. Im Nachsinnen, was ich denn "tun" könnte kam mir der kleine Film von Womoclick in den Sinn, den ich gestern Abend auf YouTube angeschaut habe und der Tipps zur sturmsicheren Befestigung von ausgefahrenen Markiesen an Wohnmobilen preis gab. Das war der Impuls. Ich holte also einige der zahlreichen Kisten raus (ja, das Fahrzeug ist sehr groß und hat viel Stauraum und ich brauche ja immer was zu tun) und überlegte, was man aus den diversen Gurten, Haken und Ösen machen könnte. Es war aber nichts passendes dabei. Also rauf aufs Fahrrad und zum übernächsten Supermarked, denn das Nonfood-Angebot des nächstgelegenen Købmands kannte ich schon vom Brötchen holen heute morgen.Der übernächste Supermarked war auch nicht besonders gut sortiert, also könnte ich doch eine Fahrradtour draus machen und weiterfahren. In Lakolk, der Hauptstadt dieser Insel, gibt’s eine Mall, da gibt’s bestimmt sowas. In dieser Fahrtrichtung hatte ich Rückenwind, kam also auch ohne elektrische Unterstützung flott voran. Tatsächlich war neben vielen Souvenier- und Klamotten-und Drachenläden (bei letzterm erteilte ich mir selbst Hausverbot weil das sonst zu kostspielig wird) auch ein gut sortierter Supermarked dabei mit genau so einem Abspannset im Angebot wie es im Video empfohlen wurde. Tja, brauche ich das denn wirklich? Nicht unbedingt, aber ich brauche was zu tun. Da der Preis nicht überzogen war und der Empfehlung aus dem Video entsprach, musste das Ding eben mit. Vorsorglich hatte ich die große Satteltasche mit. Für die Rückfahrt nahm ich einen anderen Weg, so dass eine kleine Rundfahrt dabei herauskam, die immerhin laut satellitenunterstützter Aufzeichnung rund 23 km betrug, hier der Beweis.
Das Radlpensum für diesen Tag hatte ich also in der Tasche und holte den Campingstuhl raus um mich im Schatten neben dem Womo liegend von den Strapazen zu erholen. So ein großes Fahrzeug spendet eben auch viel Schatten.Schlafen konnte ich natürlich nicht, zumal der Platzwart bzw. dessen Gärtner meinte, er müsse heute mit einem sehr lauten Aufsitzmäher den Rasen kürzen. Also holte ich mir ein Buch - ja, ihr lest richtig, ich habe auch Bücher eingepackt, nicht nur Schraubenzieher und Kabelbinder - und las ein paar Seiten. Warum aber die Zeit mit Lesen verbringen, wenn doch der Wind so toll bläst und man auch mit dem Segler den Strand entlang heizen könnte.Ihr spürt meine Unruhe. Das liegt mir einerseits im Blut, andererseits fehlt mir in meiner grenzenlosen Freiheit die Struktur, die eben ein Leben zu zweit mit sich bringt. Es liegt mir fern, zu klagen und ich würde nicht behaupten, dass ich mich einsam fühle, ich beobachte nur, was das alleine Reisen im Moment mit mir macht.
Jedenfalls war ich dann zwei Stunden am Strand zum Segeln aber auch wieder um Nordseestrand-Capuccino zu genießen und habe diesmal noch eins drauf gesetzt. Vorsorglich hatte ich mir am Morgen beim Købmand noch ein Kanelsneggle mit Schokoglasur und ein Puddingdingsda mit Zuckerguss mitgenommen, das sind die herrlich süßen dänischen Verführungen, die unsere ganze Familie liebt und selbst ich als Nicht-Kuchen-Esser zum Dänemark-Urlaubsritual zählte. Noch eine Beobachtung - nicht nur wegen dem Wind und dem Segeln tut es mir gut, hier zu sein mit manchen Ritualen und in einer Umgebung, in der ich mit Heike viel Freizeit verbracht habe, das gibt mir ein gewisses Gefühl von Sicherheit.Die Flagge und der Windsack sind übrigens keine Spielerei sondern wichtig um wieder zum Richtigen Auto zurück zu finden, zumindest für mich, na ja, ein bisschen Spielerei ist vielleicht auch dabei.
Die ganzen Jahre hatte ich keine Sonnenmilch oder was ähnliches benutzt und habe nie einen Sonnenbrand bekommen. Heute habe ich allerdings das Gefühl, dass ich zu viel Sonne abbekommen habe, meine Arme tragen eine Farbmischung aus braun und rot und sind leicht schmerzempfindlich. Auf dem Kopf hatte ich im Freien immer eine Schildmütze mit dem nordfriesischen Gruß (in Husum gekauft) oder beim Landsegeln den Helm.
Nachdem ich heute schon vor dem Abendessen (heut gibt’s Maultaschen) den Tagesbericht fertig habe, werde ich zum Sonnenuntergang mit dem Fahrrad an den Strand fahren und das gefühlt 10723-ste Sonnenuntergangsfoto an einem dänischen Strand machen, immer auf der Suche nach dem ultimativ schönsten Bild, man gönnt sich ja sonst nix.