Linksrheinisch Richtung Wilsberg
Nach einer guten Nacht wachte ich mit einem komischen Gefühl im Magen auf. Es war so, als fehlte was. Das Wetter war gut, die Nachbarn noch ganz ruhig, trotzdem konnte ich mich auf den Tag nicht so recht freuen.Beim ersten "Unterwegs-Frühstück", bei dem es an nichts fehlte, habe ich mir dann überlegt, heute noch ein Stück weiter als geplant bis nach Münster zu fahren. Heute aber wirklich so weit wie möglich am Rhein entlang. Ein geeigneter Campingplatz am Rande von Münster war schnell gefunden, so konnte auch das Navi gefüttert werden.Bei wolkenlosem Himmel fuhr ich als erster vom Platz, nochmal durch Bingen und dann linksrheinisch Richtung Koblenz. Schnell stieg in mir Begeisterung hoch für diese einzigartige Landschaft. Links und rechts erhoben sich Hügel, meist Weinberge und alle paar Kilometer kündigten Burgen und Schlösser die nächste Ortschaft an. An einer Stelle freute ich mich, der einzige auf der Straße zu sein, das lag aber nur an einer langen Baustelle, die ampelgesteuert nur einspurig zu befahren war und den Gegenverkehr aufhielt. Am liebsten hätte ich hinter jeder Kurve angehalten, wenn sich wieder urplötzlich neue Perspektiven auftaten. Am Fuße der Loreley in St. Goar konnte ich trotz dem selbstgemachten Zeitdruck dann noch nicht widestehen und legte eine Fotopause ein.
Beeindruckt war ich dann auch von Koblenz und obwohl ich nur auf den Highway vierspurig durchdieselte, machte die Stadt auf mich einen aufgeräumten, modernen Eindruck. Jedenfalls war die Beschilderung für 10000 Parkplätze gut verständlich.
Offenbar hatte ich die Zwischenstopps im Navi etwas durcheinander programmiert, so dass mich das Navi zwischen Bonn und Köln nach der Rheinüberquerung wieder in südliche Richtung führte und ich teils das Gefühl bekam, im Kreis zu fahren. Irgendwann habe ich die Zwischenstopps gelöscht und war dann auf guter Strecke, größtenteils Autobahn, vorbei an Wuppertal und dem Ruhrgebiet gegen 15:30 Uhr in Münster.
Tja, keine Minute später hätte es sein dürfen, ich bekam den letzten Platz auf dem Ausweichplatz, der sonst nur mit Zelten belegt wird.Kurz eingeparkt, Strom angeschlossen, Fahrrad aus der Garage und los gings nach Münster, ca. 5 km in die Innenstadt.
Dank mobilem Internet und Navi in der Fahrradsteuerung konnte ich das Antiquariat meines Fernsehlieblings Georg Wilsberg in der Frauenstraße 49 finden. Das ist tatsächlich ein Antiquariat, allerdings betrieben von einem Michael Solder.
Meine Begeisterung vom Vormittag wurde noch mehr befeuert durch die blitzsaubere, gleichermaßen historische wie moderne Stadt Münster, das hätte ich nicht erwartet. Sehr schöne Häuserfassaden, viele breite, gepflasterte und autofreie Straßen im Bereich der Altstadt und dort wo Autos zugelassen sind, überall gut ausgebaute Radwege.
Viele junge Menschen und junge Familien, meist mit dem Fahrrad unterwegs, säumen die Stadt. Natürlich gint es auch ein paar Ältere. In einer der vielen Kirchen besuchte ich eine Ausstellung mit Bildern von Udo Lindenberg zu den 10 Geboten (kein Witz). War sehr beeindruckend.
Als ich mich gerade am Fuße des Doms mit einer After-Eight-Eistüte auf einer Bank niederließ, kam eine Gruppe kichernder junger Frauen auf mich zu und fragte, ob sie gegen eine kleine Spende mein Fahrrad putzen dürften, genauer gesagt musste die angehende Braut die Putzarbeit machen, denn die Mädels waren auf einer Junggesellinnentour. Da es mein Fahrrad nötig hatte, willigte ich ein, was die Mädels wiederum begeisterte und wir hatten alle unseren Spaß.
Boerne und Thiel habe ich leider nicht getroffen, drum fuhr ich wieder die 5 km zum Campingplatz und grillte mir ein herrliches Abendessen zum Abschluss dieses ereignisreichen Tages. Auch das mulmige Gefühl vom Morgen war längst verflogen.